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Bergbau & Industrie

Zwischen Steinkohle und Edelstahl.

Der Steinkohlenbergbau auf der Lagerstätte des Döhlener Beckens fand gegen Ende des 15. Jahrhunderts mit bäuerlichem Abbau seinen Anfang. Den Beginn zielgerichteter Gewinnung belegt ein erstes Abbauprivileg von 1542.

Mit dem 1743 erlassenen „Steinkohlen-Mandat“ erfuhr der Bergbau weiteren Aufschwung. Die Konzentration auf leistungsfähige, ausgedehnte Grubenbetriebe erfolgte mit dem 1806 gegründeten Königlichen Steinkohlenwerk Zauckerode sowie den seit 1819 bestehenden Freiherrlich von Burgker Steinkohlenwerken. Diese beiden Grubenbetriebe bestimmten neben kleinen Bergbauunternehmen mit ihrer Kontinuität die verkehrstechnische Erschließung und Urbanisierung des heutigen Freitaler Stadtgebietes entscheidend. Schächten und Fabriken folgten Schulbauten, Mietskasernen und Kirchen. Weitere Grundsteine der Stadtwerdung legten gemeinschaftliche Gas- und Elektrizitätsversorgung, übergemeindliche Trinkwasserversorgung verbunden mit Hochwasserschutz und eine Straßenbahnlinie.

Der Steinkohlenbergbau erwies sich als Katalysator einer raschen Industrialisierung. Noch anfangs des 19. Jahrhunderts beeinträchtigte die Fabrikation von Glas, Papier, gefärbten Garnen, Samt, chemischen Produkten und von Stahl das romantische Weißeritztal kaum. Doch schon wenige Jahrzehnte später wiesen hunderte Fabrikschlote im Tal einen industriellen Ballungsraum mit Maschinenbau, Kamera-, Leder-, Porzellan- und Lebensmittel-Herstellung aus. Die Anzahl der in Fabriken beschäftigten Lohnarbeiter übertraf bald jene der in den Gruben anfahrenden Bergleute, nicht zuletzt wegen Auskohlung der Lagerstätte.

Die Freiherrlich von Burgker Steinkohlenwerke förderten bis 1930. Das Königliche Steinkohlenwerk Zauckerode, seit 1923 Teil der AG Sächsische Werke / ASW, brachte ununterbrochen über Schachtanlagen in Döhlen und Niederhermsdorf Steinkohle aus. Dem nach dem Zweiten Weltkrieg herrschenden Brennstoffmangel in der Industrie und Bevölkerung konnte durch Restkohle-Gewinnung im Stadtgebiet beigekommen werden.

Zeitlich und räumlich parallel begann 1947 durch die SAG / SDAG WISMUT die Förderung von an Steinkohle gebundenem Uran für atomare Rüstungszwecke. Die Förderung energetisch nutzbarer Steinkohle wurde auf Freitaler Stadtflur 1959 eingestellt, auf der flächenmäßig ausgedehnteren Gesamtlagerstätte 1967. Über längere Zeiträume fuhr man den auf uranerzhaltige Steinkohle zielenden Bergbau der SDAG WISMUT wegen Erschöpfung der abbauwürdigen Vorkommen zurück und stellte ihn Ende 1989 ein.

Das seit 1991 als Sanierungsbetrieb tätige Bundesunternehmen WISMUT GmbH verwahrte die Schachtröhren, liquidierte übertägige Anlagen und rekultivierte die Halden. Unter Berücksichtigung aller bergbaubedingten Eingriffe in den untertägigen Wasserhaushalt bereitete man die verwahrungsbedingte Flutung der letzten Gruben vor. Die mit dem neu aufgefahrenen WISMUT-Stolln sowie dem sanierten Tiefen Elbstolln geschaffene Wasserwegsamkeit der Flutungswässer zur Elbe erfüllt die Ewigkeitsaufgabe der Wasserlösung für die Gesamtlagerstätte Döhlener Becken.

Historischer Abriss zum Steinkohlebergbau im Döhlener Becken

  • um 1500 Einsetzen bäuerlicher Kohlengräberei
  • 1542 erster Quellennachweis des Steinkohlenbergbaus mit einer Urkunde vom sächsischen Kurfürsten Moritz für Hans Biener
  • 1546 wissenschaftliche Erwähnung der Steinkohlenlagerstätte durch Georgius Agricola
  • 1571 landesherrliche Beteiligung am Bergbaugeschehen in  Potschappel und Döhlen
  • 1612 bergrechtliches Urteil zur Stärkung der grundherrschaftlichen Ansprüche auf Steinkohlenvorkommen sowie zur Zurückweisung aller landesherrlichen Kohlenansprüche
  • 1743 kurfürstlich-sächsisches Kohlenmandat zur wirtschaftlichen Begünstigung des Steinkohlenbergbaus
  • 1801 Inbetriebnahme Deutschlands erster Glasfabrik mit Steinkohlenfeuerung in Potschappel
  • 1806 Gründung der Königlichen Steinkohlenwerke Zauckerode
  • 1810 Inbetriebnahme der ersten Kohlenwäsche im europäischen Bergbau für unreine Steinkohle bei den Königlichen Steinkohlenwerken Zauckerode
  • 1819 Gründung des späteren Freiherrlich von Burgkschen Steinkohlen- und Eisenhüttenwerkes
  • 1820 Einsatz der ersten Dampfmaschine im sächsischen Bergbau bei den Königlichen Steinkohlenwerken Zauckerode 
  • 1828 Burgk mit weltweit erster dörflicher Gasbeleuchtungsanlage durch das Freiherrlich von Burgksche Steinkohlen- und Eisenhüttenwerk   
  • 1842 Inbetriebnahme des ersten Steinkohlenkoks – Hochofens Sachsens beim Freiherrlich von Burgkschen Steinkohlen- und Eisenhüttenwerk
  • 1855-57 Inbetriebnahme des schienengebundenen Kohlentransportes durch Errichtung der Albertbahn und deren Zweigbahnen
  • 1882 Inbetriebnahme der ersten elektrischen Grubenlokomotive der Welt im Oppelschacht des Königlichen Steinkohlenwerkes Zauckerode  
  • 1930 Gewinnungseinstellung aller rechts der Weißeritz gelegenen Gruben
  • 1945 Wiederaufnahme des Energiekohleabbaus durch das Steinkohlenwerk Freital
  • 1947 Einsetzen von Erkundung, Aufschluss und Gewinnung uranerzhaltiger Steinkohle für Rüstungszwecke im nordöstlichen Lagerstättenteil durch die sowjetische Aktiengesellschaft  SAG Wismut
  • 1948–52 Beginn der Aufbereitung von Erzkohle in den Fabriken Freital-Döhlen und Dresden-Coschütz durch die SAG Wismut
  • 1958 Verleihung des, dem Wirken eines westdeutschen Gewerkschaftsfunktionärs gewidmeten,  Ehrennamens „Willi Agatz“ an das Steinkohlenwerk Freital
  • 1959/1967 Einstellung der Energiekohle-Gewinnung des Steinkohlenwerks Freital auf Freitaler Stadtflur beziehungsweise im Döhlener Becken
  • 1968 Überführung der Über- und Untertageanlagen sowie des Personals des Steinkohlenwerkes Freital an die sowjetisch-deutsche Aktiengesellschaft SDAG Wismut zum Abbau von Erzkohle
  • 1989 Einstellung der Erzkohle-Gewinnung und Beendigung des über 500jährigen Bergbaus im Döhlener Becken
  • 1990 Beginn von Verwahrung und Sanierung aller Unter- und Übertageanlagen des SDAG Wismut - Bergbaubetriebes „Willi Agatz“ 
  • 1995 Vollendung des Abwerfens der Schachtröhren, Abschaltung der Hauptwasserhaltung und Beginn der Flutung des Grubengebäudes
  • 2007-2014 Auffahrung des an den Tiefen Elbstolln anschließenden Wismutstollns zur Ableitung aufgehender Grubenwässer zur Elbe 
  • 2017 Abschluss der Verwahrungs- und Sanierungstätigkeiten im Döhlener Becken und Beendigung der Standortpräsenz der Wismut GmbH