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Datum: 21.08.2019

Stilles Gedenken an Opfer des Bombenangriffs von 1944

Am 24. August 2019 laden die Große Kreisstadt Freital und der Ortsverein Birkigt e. V. zum stillen Gedenken anlässlich des 75. Jahrestages der Bombardierung des Freitaler Ortsteiles ein. Beginn ist 12.30 Uhr am Gedenkstein an der Blumenstraße. Nach einer kurzen Begrüßung und einleitenden Worten werden im Stillen Kränze und Blumen niedergelegt.  Um 12.50 Uhr machen sich die Teilnehmer auf zum alten Spritzenhaus an der Ecke Gitterseer und Bannewitzer Straße, Eingang Kesselgrund. Dort wird von 13.00 bis 13.07 Uhr, dem Zeitpunkt des damaligen Angriffs, die Friedensglocke geläutet. Die Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen, sich am Gedenken zu beteiligen.

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Der Zweite Weltkrieg überzog Europa mit millionenfachem Tod, Elend und Vertreibung. Er verschonte auch Freital nicht. Am 24. August 1944 verloren bei einem Bombenangriff 244 wehrlose Menschen ihr Leben und legte den Stadtteil Freital-Birkigt in Schutt und Asche.

An jenem warmen Sommertag sollten, von England startend, etwa 1.300 Bomber und über 700 begleitende Jagdflugzeuge der US-amerikanischen Luftwaffe strategische Ziele der deutschen Treibstoff-Industrie in Nord- und Mitteldeutschland, im Sudetenland sowie in Böhmen anfliegen. An diesen Angriffen war auch ein Kampfgeschwader mit 78 viermotorigen B-17 Bombern beteiligt, welches zum Einsatz nach der Freitaler Raffinerie Rhenania OSSAG aufsteigen sollte. Das am Mineralöl-Programm der Wehrmacht beteiligte Werk an der Coschützer Straße nahe der Stadtgrenze zu Dresden produzierte als einziges seiner Art in Deutschland jährlich etwa 6.000 Tonnen elektrisch veredelte Spezialschmieröle für den Luftwaffeneinsatz in höheren, besonders kalten Luftschichten.

Bei diesem ersten Luftangriff in der gesamten Region überhaupt detonierten kurz vor 13.00 Uhr etwa 520 Bomben im Gebiet Freital-Birkigt und -Potschappel sowie Dresden-Gittersee, -Dölzschen und -Coschütz. Unmittelbar nach dem siebenminütigem Angriff schien alles zu brennen. Staubwolken verdunkelten den Himmel, verbrennendes Öl sowie Paraffin umliegender Firmen verpesteten rauchend die Luft. Das öffentliche Leben erstarb und tagelang arbeiteten sich Bergungstrupps von Technischer Nothilfe, Wehrmacht und Luftwaffe, unterstützt von örtlicher Feuerwehr und Deutschem Roten Kreuz durch die grauenvolle Zerstörung.

Die Produktionsanlagen der Rhenania OSSAG verfehlte der Bombenhagel, zerstörte aber 34 Häuser einer Wohnsiedlung komplett und beschädigte 64 schwer. Außerdem gingen alte Bauerngehöfte, einzelne Wohn- und Geschäftshäuser sowie der traditionsreiche Birkigter Gasthof verloren. Auch mehrere Rüstungsbetriebe trafen die Bomber im anvisierten Zielgebiet. Dazu gehörten die Kunstmöbelfabrik Anton Schega, die Munitionsabdeckungen und Bugradklappen für Junkers-Flugzeuge baute und die König-Friedrich-August-Hütte Dresden-Dölzschen, die Panzerlüfter herstellte.

Die meisten Todesopfer sowie die größten materiellen Schäden beklagten die Fabriken Bühler und Hänsel. Bei der Mühlenbau-Anstalt Bühler produzierte man Bauteile des Mineralölprogramms der Luftwaffe sowie gepanzerte Schlitten und Sanitätsschlitten. Dort verloren 58 Personen während des Angriffs ihr Leben, bei Hänsel 82 Menschen. Die Maschinenfabrik Hänsel fertigte Teile für Kampfwagenkanonen, Kanonenwagen und Munition.

Ein Mahnmal für die Birkigter Bombenopfer, die auf verschiedenen Freitaler Friedhöfen beziehungsweise an ihren jeweiligen Heimatorten ihre letzte Ruhestätte fanden, wurde 1950 inmitten der ehemals am stärksten zerstörten Genossenschafts-Siedlung nach Entwürfen des Freitaler Architekten Erich Fritsche aufgestellt. Durch eine Eisenguss-Platte 1967 optisch aufgewertet, erinnert es bis heute an den Luftangriff. Zwei Monate war das jüngste Todesopfer und 87 Jahre das älteste. Die 45 ausländischen Opfer, zum Teil erst seit wenigen Wochen als Zwangsarbeiter oder Kriegsgefangene in Freital interniert, stammten aus der damaligen Sowjetunion, Belgien, Frankreich und England. Der Gedenkstein von 1950 sowie eine 2014 gegossene und im Turm des ehemaligen Birkigter Spritzenhauses hängende Friedensglocke mahnen die heute lebenden Generationen zu Eintracht und Frieden.

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