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Datum: 22.08.2024

Einweihung Frauenort Marianne Bruns

Freital erhält einen weiteren Frauenort: Am 24. August 2024, 11:30 Uhr wird er am kleinen Dorfplatz in Freital-Niederhäslich für die Schriftstellerin Marianne Bruns eingeweiht. Es ist eine Initiative von der Freitaler Gleichstellungsbeauftragten Jona Hildebrandt und dem Arbeitskreis „Frauen für Freital“ in Kooperation mit dem Landesfrauenrat Sachsen und der Akteursrunde Niederhäslich. Zur Veranstaltung sind neben der Enthüllung einer 40 mal 60 Zen­ti­me­ter gro­ßen Gedenktafel – hier sind we­sent­li­che Sta­tio­nen des Le­bens und Wir­kens nach­ge­zeich­net und sie ist mit ei­ner Ab­bil­dung il­lus­triert – Gedichte, Musik und Schauspielerei zur Person zu erleben.

Für die Stadt Freital ist es bereits der zweite Frauenort: 2021 wurde an der Burgker Straße, ganz in der Nähe ihres ehemaligen Wohnhauses, der ers­te Frau­en­ort im Land­kreis Säch­si­sche Schweiz-Os­terz­ge­bir­ge zu Eh­ren der Ballonfahrerin und Unternehmerin Wil­hel­mi­ne Reichard ein­ge­weiht.

Informationen zu Marianne Bruns

Marianne Bruns wurde am 31. August 1897 in Leipzig geboren. Ihre Eltern betrieben eine Wäscherei. 1905 zogen sie mit dem Unternehmen nach Stettin und drei Jahren später nach Breslau. Am Ende des Ersten Weltkrieges starb der Vater. Die Mutter führte die Wäscherei unter großen Anstrengungen weiter. Marianne Bruns fand in dieser schweren Zeit Zugang zur Lyrik, vielleicht als seelischen Ausgleich zu den Alltagssorgen. Ein Freund der Familie reichte ohne ihr Wissen erste Gedichte an die Zeitschrift Kunstwart in München weiter, deren Herausgeber Wolfgang Schumann war. Die Zusammenarbeit entwickelte sich schnell zu einer engen Freundschaft. 1925 veröffentlichte sie ihren ersten Gedichtband „Seliger Kreislauf“.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten war ihre literarische Arbeit eingeschränkt, da Gesellschaftskritik untersagt war. Sie schrieb zunächst drei Kinderbücher, konnte davon aber nicht ihren Lebensunterhalt bestreiten. Sie leitete die elterliche Wäscherei ohne jedoch das Schreiben aufzugeben. Vier eher unpolitische Romane erschienen während der Nazizeit, obwohl ihr Leben Marianne Bruns frühzeitig angeregt hatte, über gesellschaftliche und soziale Themen nachzudenken. „Ich kam zu der Meinung, dass es nicht Sinn und Lebenszweck des Menschen sein könne, all seine Kräfte darauf zu verwenden, andere zu übervorteilen.“ Sie glaubte an das Veränderbare, das Gute in die Welt.

Die Flucht aus Schlesien führte sie 1945 nach Dresden, wo sie die Zerstörung der Stadt erlebte. Nach der Bombardierung fand sie mit befreundeten Kunstschaffenden in Freital-Niederhäslich ihr neues Domizil. Es begann eine arbeitsreiche Schaffenszeit. Sie schrieb dem Leben zugewandt, sprach mit Freitaler Werktätigen auch über ihre Manuskripte. Das Ziel, mit Literatur gesellschaftliche Veränderung zu befördern, verfolgte sie bis 1961. Danach wandte sie sich historischen Themen zu. Ihr Roman „Der neunte Sohn des Veit Stoß“ zeugt von hoher Erzählkunst. 1967 wurde ihr das Ehrenbürgerrecht der Stadt Freital verliehen.

Ende der 70er Jahre befasste sie sich mit dem biblischen Stoff von Noahs Bau der Arche und verband das mit Themen des Umweltschutzes. Mit 85 Jahren schrieb sie wieder Gedichtbände und fand damit zum Ausgangspunkt ihres künstlerischen Schaffens zurück.

Marianne Bruns erhielt für ihre Werke zahlreiche Preise, unter anderem die Ehrenspange zum Vaterländischen Verdienstorden in Gold. Am 1. Januar 1994 verstarb sie im 97. Lebensjahr und wurde in Freital-Deuben beerdigt. Noch kennen Einwohner Marianne Bruns persönlich – eine bescheidene, freundliche kleine Frau, die gern Spaziergänge in der Natur unternahm. Ihre literarisch bearbeiteten Themen sind nach wie vor von großer Aktualität.

Informationen zu Frauenorten

Sach­sen ist reich an be­weg­ter und be­we­gen­der Frau­en­geschich­te. Um die­se sicht­bar zu ma­chen, wür­digt der Lan­des­frau­en­rat Sach­sen e. V. mit dem Pro­jekt „frau­en­or­te sach­sen“ Frau­en­per­sön­lich­kei­ten, die au­ßer­or­dent­li­ches En­ga­ge­ment ge­zeigt und Sach­sen auf al­len ge­sell­schaft­li­chen Ebe­nen mit ge­prägt ha­ben. Die ur­sprüng­li­che Idee stammt aus Sach­sen-An­halt und wur­de für die Welt­aus­stel­lung Ex­po2000 ent­wi­ckelt und um­ge­setzt. Nach Nie­der­sach­sen und Bran­den­burg ent­ste­hen seit 2016 auch in Sach­sen „frau­en­or­te“. An den Wir­kungs­or­ten die­ser Frau­en wer­den In­for­ma­ti­ons­ta­feln auf­ge­stellt. Sie sol­len die Mög­lich­keit bie­ten, sich kri­tisch mit Ge­schlech­ter­rol­len und kli­schee­haf­ten Zu­schrei­bun­gen aus­ein­an­der­zu­set­zen. Trä­ger von „frau­en­or­te sach­sen“ ist der Lan­des­frau­en­rat Sach­sen e. V. Das Pro­jekt wird ge­för­dert durch das Säch­si­sche Staats­mi­nis­te­ri­um der Jus­tiz und für De­mo­kra­tie, Eu­ro­pa und Gleich­stel­lung. Wei­te­re In­for­ma­tio­nen im In­ter­net un­ter www.frauenorte-sachsen.de.

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