Einweihung Frauenort Marianne Bruns
Freital erhält einen weiteren Frauenort: Am 24. August 2024, 11:30 Uhr wird er am kleinen Dorfplatz in Freital-Niederhäslich für die Schriftstellerin Marianne Bruns eingeweiht. Es ist eine Initiative von der Freitaler Gleichstellungsbeauftragten Jona Hildebrandt und dem Arbeitskreis „Frauen für Freital“ in Kooperation mit dem Landesfrauenrat Sachsen und der Akteursrunde Niederhäslich. Zur Veranstaltung sind neben der Enthüllung einer 40 mal 60 Zentimeter großen Gedenktafel – hier sind wesentliche Stationen des Lebens und Wirkens nachgezeichnet und sie ist mit einer Abbildung illustriert – Gedichte, Musik und Schauspielerei zur Person zu erleben.
Für die Stadt Freital ist es bereits der zweite Frauenort: 2021 wurde an der Burgker Straße, ganz in der Nähe ihres ehemaligen Wohnhauses, der erste Frauenort im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zu Ehren der Ballonfahrerin und Unternehmerin Wilhelmine Reichard eingeweiht.
Informationen zu Marianne Bruns
Marianne Bruns wurde am 31. August 1897 in Leipzig geboren. Ihre Eltern betrieben eine Wäscherei. 1905 zogen sie mit dem Unternehmen nach Stettin und drei Jahren später nach Breslau. Am Ende des Ersten Weltkrieges starb der Vater. Die Mutter führte die Wäscherei unter großen Anstrengungen weiter. Marianne Bruns fand in dieser schweren Zeit Zugang zur Lyrik, vielleicht als seelischen Ausgleich zu den Alltagssorgen. Ein Freund der Familie reichte ohne ihr Wissen erste Gedichte an die Zeitschrift Kunstwart in München weiter, deren Herausgeber Wolfgang Schumann war. Die Zusammenarbeit entwickelte sich schnell zu einer engen Freundschaft. 1925 veröffentlichte sie ihren ersten Gedichtband „Seliger Kreislauf“.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten war ihre literarische Arbeit eingeschränkt, da Gesellschaftskritik untersagt war. Sie schrieb zunächst drei Kinderbücher, konnte davon aber nicht ihren Lebensunterhalt bestreiten. Sie leitete die elterliche Wäscherei ohne jedoch das Schreiben aufzugeben. Vier eher unpolitische Romane erschienen während der Nazizeit, obwohl ihr Leben Marianne Bruns frühzeitig angeregt hatte, über gesellschaftliche und soziale Themen nachzudenken. „Ich kam zu der Meinung, dass es nicht Sinn und Lebenszweck des Menschen sein könne, all seine Kräfte darauf zu verwenden, andere zu übervorteilen.“ Sie glaubte an das Veränderbare, das Gute in die Welt.
Die Flucht aus Schlesien führte sie 1945 nach Dresden, wo sie die Zerstörung der Stadt erlebte. Nach der Bombardierung fand sie mit befreundeten Kunstschaffenden in Freital-Niederhäslich ihr neues Domizil. Es begann eine arbeitsreiche Schaffenszeit. Sie schrieb dem Leben zugewandt, sprach mit Freitaler Werktätigen auch über ihre Manuskripte. Das Ziel, mit Literatur gesellschaftliche Veränderung zu befördern, verfolgte sie bis 1961. Danach wandte sie sich historischen Themen zu. Ihr Roman „Der neunte Sohn des Veit Stoß“ zeugt von hoher Erzählkunst. 1967 wurde ihr das Ehrenbürgerrecht der Stadt Freital verliehen.
Ende der 70er Jahre befasste sie sich mit dem biblischen Stoff von Noahs Bau der Arche und verband das mit Themen des Umweltschutzes. Mit 85 Jahren schrieb sie wieder Gedichtbände und fand damit zum Ausgangspunkt ihres künstlerischen Schaffens zurück.
Marianne Bruns erhielt für ihre Werke zahlreiche Preise, unter anderem die Ehrenspange zum Vaterländischen Verdienstorden in Gold. Am 1. Januar 1994 verstarb sie im 97. Lebensjahr und wurde in Freital-Deuben beerdigt. Noch kennen Einwohner Marianne Bruns persönlich – eine bescheidene, freundliche kleine Frau, die gern Spaziergänge in der Natur unternahm. Ihre literarisch bearbeiteten Themen sind nach wie vor von großer Aktualität.
Informationen zu Frauenorten
Sachsen ist reich an bewegter und bewegender Frauengeschichte. Um diese sichtbar zu machen, würdigt der Landesfrauenrat Sachsen e. V. mit dem Projekt „frauenorte sachsen“ Frauenpersönlichkeiten, die außerordentliches Engagement gezeigt und Sachsen auf allen gesellschaftlichen Ebenen mit geprägt haben. Die ursprüngliche Idee stammt aus Sachsen-Anhalt und wurde für die Weltausstellung Expo2000 entwickelt und umgesetzt. Nach Niedersachsen und Brandenburg entstehen seit 2016 auch in Sachsen „frauenorte“. An den Wirkungsorten dieser Frauen werden Informationstafeln aufgestellt. Sie sollen die Möglichkeit bieten, sich kritisch mit Geschlechterrollen und klischeehaften Zuschreibungen auseinanderzusetzen. Träger von „frauenorte sachsen“ ist der Landesfrauenrat Sachsen e. V. Das Projekt wird gefördert durch das Sächsische Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung. Weitere Informationen im Internet unter www.frauenorte-sachsen.de.